Entspannung durch Kunst: Zeichnen und Ruhe finden

In meiner Verwandtschaft gibt es ein paar Künstler. Eine Tante von mir malt ausdrucksstarke Bilder. Als Grafikerin für Osterhasen und Weihnachtsmänner war sie sogar so erfolgreich, dass sie zu Talk-Shows im Fernsehen eingeladen wurde. Auch der Cousin meiner Mutter ist freiberuflicher Grafiker. Er hat schon mehrere Kinderbücher illustriert. Meine Mama wiederum widmet sich der Ölmalerei und ich finde ebenfalls Entspannung durch Kunst. Mit schwarzer Tinte und Buntstiften zeichne ich einfach drauf los.

Kunst in der Schule abgewählt

Dank meiner Mutter durfte ich diese Leidenschaft recht früh entdecken, obwohl ich mit drei, vier Jahren keine gerade Linie ziehen konnte. Aus Ungeduld und Frustration endete das oft in wildem Geschrei. Anscheinend machte mir Malen trotzdem Spaß, denn wäre ich sonst am Ball geblieben?

In der Schule hatte ich in Kunst immer eine Eins. Erst am Gymnasium zeigte ich dem Fach in der zehnten oder elften Klasse den ausgestreckten Mittelfinger.

„Annika, du bist nicht in der Schule, um Kunst zu erschaffen“, sagte ausgerechnet mein Kunstlehrer. „Du bist zwar sehr begabt, aber du machst lieber dein eigenes Ding statt dich mit dem Stoff zu beschäftigen.“

„Schule tötet Kreativität“, schrieb ich mit 15 in mein Tagebuch. Wenig später wählte ich das Schulfach ab und malte außerhalb der verstaubten Hallen weiter. Schon damals holte ich mir Entspannung durch Kunst.

Kunst mit Buntstift und Tinte
Vogel, Foto: Annika Senger

Entspannung durch Kunst als kreatives Experiment

Im Laufe der Zeit habe ich mit vielen Materialien herumexperimentiert: mit Öl- und Acrylfarben, mit Bleistiften, mit Pastellkreide und jetzt mit Zeichenfeder und Buntstiften. Lange war Malen und Zeichnen bei mir verschüttet gewesen, erst im Herbst 2018 überkam mich wieder die Lust.

Wenn das weiße Papier vor mir liegt, habe ich nie einen Plan. Also tunke ich die Feder in die schwarze Flüssigkeit und lasse ihr auf der leeren Fläche freien Lauf. Ich skizziere nichts mit Bleistiften vor und beobachte, was vor mir auf dem Tisch entsteht. Manchmal bin ich erstaunt.

Neulich führte mich die Feder zu einer Katze. Obwohl sie gar nicht realitätsgetreu aussieht, erinnerte mich ihr Gesichtsausdruck an Umi, den verstorbenen Kater meiner Eltern. Als nächstes zeigte sich ein Fantasie-Fisch – eine Mischung aus Goldfisch, Koi und Schleierschwanz. Ich signiere mit Nika, weil es kürzer ist als Annika. Genauso gut könnte ich Anna oder Anni schreiben. Nika klingt aber geheimnisvoller.

Zeichnung, Fisch
Fisch, Foto: Annika Senger

Ausdrucksmalerei zur Erholung

Früher in meiner alten Heimat Göttingen stolperte ich einmal über einen Kurs für Ausdrucksmalerei. Ich rief die Kursleiterin an, weil ich daran teilnehmen wollte. Aus irgendeinem Grund, an den ich mich nicht mehr erinnere, fand der Kurs nicht statt. Ausdrucksmalerei und meine Entspannung durch Kunst haben eine große Gemeinsamkeit: Malen aus dem Gefühl heraus. Ich zeichne allerdings im Sitzen, während Ausdrucksmaler in einem Atelier vor einer Staffelei stehen. Das Ziel ist das gleiche: dass man zur Ruhe kommt und sich intuitiv kreativ betätigt. (as)

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