Freude am Radfahren: Warum ich mein Fahrrad liebe

Im März 2019 mache ich eine Anschaffung, die mein Leben unglaublich bereichert: mein Fahrrad. Ein paar Jahre trat ich gar nicht in die Pedale, weil ich im Zentrum von Berlin die Freude am Radfahren verloren hatte. Zertrümmerte Flaschen auf Radwegen, gar keine Radwege und Unterbrechungen durch Baustellen prägen das radfahrer-unfreundliche Stadtbild. Mein knallrotes Trekking-Rad hat mir zwischen Frühling und Herbst oft geholfen, in die idyllischen Berliner Randbezirke, nach Brandenburg oder weiter weg zu flüchten.

Es gab einen besonderen Grund, mir ein Fahrrad zu kaufen. Ende April 2019 will ich auf dem Elberadweg von Dresden nach Prag zu radeln. Ehe ich stolze Rad-Besitzerin bin, habe ich schon Unterkünfte und Zugtickets inklusive Fahrradkarten gebucht. Erfahrung mit längeren Radtouren habe ich keine, auch nicht mit Fahrrad-Bekleidung. Ich weiß nur, dass ich mir auf einer Hundert-Kilometer-Tour durch Kroatien einen ziemlich schmerzenden Arsch geholt habe.

Freude am Radfahren in geeigneten Klamotten

Zu meinem Glück unterhalte ich mich zu Ostern mit meinem Bruder, der Rennrad fährt und sich mit der richtigen Garderobe auskennt. Er empfiehlt mir, unbedingt in Funktions-Shirts und gepolsterte Radlerhosen zu schlüpfen. Ich investiere noch einmal, denn ich habe nichts dergleichen im Kleiderschrank. Die Klamotten sorgen schließlich dafür, dass mir die neu entdeckte Freude am Radfahren erhalten bleibt.

Während meiner Radtour nach Prag erlebe ich auf der längsten Etappe zwischen Königstein und Leitmeritz meine Radfahrer-Taufe. Rund 80 Kilometer liegen vor mir ohne eine einzige regenfreie Zone. Je weiter ich ins Landesinnere von Tschechien vordringe, desto heftiger schüttet es. In nassen Jeans, die kalt am Körper kleben, würde ich mir wohl einen Bahnhof suchen und mit dem Zug nach Leitmeritz fahren. Meine Radlerhose fühlt sich an wie ein durchnässter Badeanzug, was die Sache erträglicher macht. Jetzt denke ich sogar voller Freude an das Regen-Abenteuer zurück. Ich bin stolz auf mich, es gemeistert zu haben.

Glückliche Erinnerungen habe ich auch an alle anderen Radtouren des Jahres. Wenn ich die Schnauze voll von der überfüllten City habe oder mich einfach nur depri fühle, schwinge ich mich in den Sattel und strampele zum nächsten Bahnhof. Die S-Bahn und der Regio bringen mich an Orte wie Potsdam, Werder, Brandenburg an der Havel und Erkner. Von dort aus erkunde ich auf meinem Fahrrad wunderschöne Brandenburger Landschaften und vergesse jeden Furz, der mir vor der Tour noch quer saß.

Radfahren macht Spaß
Radtour auf dem Berliner Mauerweg, Foto: Annika Senger

Radfahren gegen depressive Verstimmungen

Sobald ich im Fontane-Land duftende Wälder durchquere und mich an Fluss- und Seeufern erfreue, stellt sich ein Gefühl von Freiheit ein, auch in meinem Kopf. In Berlin schreien meine Gedanken oft blablabla durcheinander. Draußen in der Natur ordnet sich das Chaos und die scheinbaren Probleme lösen sich in Luft auf.

Im August erzähle ich das meiner Hausärztin, die mich wegen starker PMS-Symptome zu zwei Spezialisten geschickt hat. In jedem dunklen Loch scheint wieder die Sonne, wenn ich nur durchs Grüne kurve. Frau Doktor lobt mich und sagt: „Bewegung ist die beste Medizin gegen depressive Verstimmungen.“

Ausgerechnet jetzt, während ich dies schreibe, ist ein düsterer, grauer November-Tag. Bis ich wieder Freude am Radfahren haben werde, dauert es wahrscheinlich bis März. Mein Fahrrad steht gerade eingemottet im Keller, da ist es im Trockenen. Während es vor Wind und Wetter geschützt ist, sammele ich Ideen für weitere Radtouren: zum Beispiel auf der Insel Bornholm und im Spreewald. (as)

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