Bestellen beim Universum: Sitzplatz in der S-Bahn

Bestellen beim Universum – funktioniert das tatsächlich? 2010, nachdem ich mich gerade aus meiner schlimmsten Lebenskrise aufgerappelt habe, schenkt mir eine Freundin ein Buch von Pierre Frankh zum Geburtstag: „Erfolgreich wünschen: 7 Regeln, wie Träume wahr werden“. Der Autor erklärt darin unter anderem, wie man Bestellungen beim Universum aufgibt.

Parkplatz bestellen beim Universum

Folgendes Beispiel nistet sich in meinem Gedächtnis ein. Pierre und seine Frau Michaela Merten bestellen beim Universum einen Parkplatz in der Stadt, fahren los und siehe da – es wird prompt eine Parklücke frei.

Jahre später schaue ich mir auf YouTube ein Video des Heilpraktikers und Buchautors Kurt Tepperwein an. Unabhängig von seinen beiden Kollegen berichtet er von einem ähnlichen Erlebnis: Er fährt zu einer Theater-Vorstellung und sendet vorher den Wunsch ab, sein Auto direkt vor dem Theater abstellen zu können. Eigentlich eine Unmöglichkeit, erzählt er, das Gebäude sei immer völlig zugeparkt.

Kaum düst Herr Tepperwein um die Ecke, zieht ein anderes Auto von dannen und er nutzt sofort seine Chance, selbst einzuparken. Um sich zu beweisen, dass das Universum stets zuverlässig seinen Wunsch erfüllt, wiederholt er ihn mehrmals und siehe da – immer wieder ist der Parkplatz vor dem Theater wie für ihn reserviert.

Vorsicht! Der Zweifler bestellt wieder ab

Nach meiner Lektüre im Jahr 2010 schicke ich so manchen Wunsch ans Universum und erhalte meist etwas ganz anderes als das, was ich bestellt habe. Zu dem Zeitpunkt beschäftige ich mich noch gar nicht mit dem inneren Zweifler, der mich nach jeder Bestellung fragt: „Ob das jetzt auch wirklich geklappt hat?“ Mit dieser Frage bestelle ich supererfolgreich wieder ab, doch diese Lektion lerne ich erst später.

Mistwetter auf der Insel Krk, Foto: Annika Senger

Fahrer bestellen beim Universum

Acht Jahre nach dem Buch-Geschenk habe ich den Dreh schon besser raus. Bei Sturm will ich die kroatische Insel Krk per Fernbus verlassen. Ich habe bereits mein Ticket nach Zagreb in der Tasche. Der Bus kommt pünktlich, der Fahrer gibt mir aber zu verstehen, dass die Reise am Flughafen in Omišalj ende. Die Brücke zum Festland sei für Busse wegen der Bura (stürmischer Nordwind) gesperrt. Ich steige also gar nicht erst ein, versuche meine Bekannten auf der Insel anzurufen und niemand meldet sich. Die Szene könnte aus einem Alptraum stammen.

Rettung hole ich mir beim Universum: Ich ordere ein Auto, das mich wenigstens nach Rijeka bringt. Von dort fahren täglich mehrere Busse nach Zagreb. Dann tue ich, was ich nie für möglich gehalten hätte – ich halte meinen Daumen raus. Meine Mutter hatte mir natürlich in meiner Kindheit eingebläut: „Fahr niemals per Anhalter, da können schlimme Dinge passieren!“

Das erste Auto braust an mir vorbei, das zweite auch. Nach ungefähr zehn Minuten stoppt neben mir am Straßenrand ein Mann, der gerade – wohin auch sonst – auf dem Weg nach Rijeka ist. Ich steige ein, wir plaudern nett miteinander und ein böser Bube bleibt mir erspart. Warum? In meiner Vorstellung habe ich nur sympathische Fahrer gesehen. Überschwänglich bedanke ich mich bei ihm und beim Universum. Ein paar Minuten später sitze ich bereits im Bus nach Zagreb.

Das Universum und die Berliner S-Bahn

Was in Kroatien klappt, gelingt mir inzwischen auch in Berlin. Mehr oder weniger … Die Stadt wird immer voller und zunehmend ungemütlicher. Ständig eröffnen neue Baustellen, letztere sorgen regelmäßig für Unterbrechungen der U- und S-Bahnen, die wiederum vollgestopft sind mit Fahrgästen. Genervte Gesichter und aggressives Verhalten stehen neben dem täglichen Chaos auf der Tagesordnung.

Jahrelang ließ ich mich von der schlechten Stimmung der anderen Leute anstecken, doch damit ist nun Schluss – jedenfalls immer öfter. Seit ein paar Wochen bestelle ich mir beim Universum vor jeder Fahrt mit der S-Bahn einen Sitzplatz. Nicht weil ich mich alt und klapperig fühle. Ich hasse es einfach, dicht an dicht in der Menge zu stehen, leide sogar unter Platzangst.

Aber wozu noch Angst haben? In jeder noch so rappelvollen S-Bahn ist ja ein Plätzchen für mich reserviert – immer in unmittelbarer Nähe der Tür, durch die ich einsteige. Warum hat sich niemand vor mir hingesetzt? Zugegeben, andere Wünsche erfüllt mir das Universum noch nicht so zuverlässig, doch daran ist wohl mein innerer Zweifler schuld. (as)

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