Traumtagebuch führen: Einblicke ins Unbewusste

Schon in meiner Kindheit entwickelte ich ein reges Interesse an Träumen. Die Bilder im Schlaf empfand ich manchmal als recht unheimlich, so dass ich meiner Familie davon erzählte. Mein Onkel hatte als Mediziner einen passablen Überblick über die Prozesse im Gehirn. Er erklärte mir die REM-Schlafphase und dass Träume nur wenige Sekunden bis Minuten dauern. Meine Traumlandschaften waren teilweise so skurril, dass ich schließlich Traumtagebuch führen wollte. Mit 14 war es zum ersten Mal so weit.

Ich legte mir ein rotes Notizbuch mit Blumenmuster zu, das sich an der Seite mit Schnüren zusammenbinden ließ. Auf dem Schulhof las ich meiner besten Freundin daraus vor und wir versuchten gemeinsam, meine Träume zu entschlüsseln. Zu Weihnachten bekam ich für meine Mission auch ein Buch zum Thema Traumdeutung geschenkt.

Traumtagebuch führen mit Motivation

Seit über zwei Jahren schreibe ich wieder Traumtagebuch, seit einem Monat sogar sehr intensiv. Meine Motivation dahinter: Ich reise direkt in mein Unterbewusstsein, schaue mir die dunklen Ecken und Müllhalden an, um Probleme zu erkennen, zu analysieren und erfolgreich zu lösen. Mein Ziel ist, meine Träume bewusst und kreativ zu steuern. Zum luziden Träumen über längere Traumphasen hinweg benötige ich allerdings noch Übung.

Wie der Autor Jens Thiemann in seinem Buch „Klartraum: Wie Sie Ihre Träume bewusst steuern können“ erläutert, ist der erste Schritt ein sogenanntes „Nächtebuch“, d.h. Traumtagebuch führen. Meines befand sich bis Mitte Januar 2020 in einer Word-Datei auf meinem Laptop.

Traumtagebuch, Foto: Pixabay

Notizbuch statt digitales Traumtagebuch

Ein digitales Traumtagebuch hat jedoch ein paar Nachteile, die eine effektive Traum-Dokumentation behindern können. Kurz nach dem Aufwachen aus einem Traum fällt es mir noch schwer, mich aus dem Bett aufzuraffen und mich sofort zur Niederschrift an den Rechner zu setzen. Berufsbedingt tendiere ich auch dazu, das Erlebte in geschliffene grammatikalische Strukturen zu pressen, auf Rechtschreibung und Stil zu prüfen. Damit lege ich einen Filter über das Traum-Geschehen.

Thiemann oder auch der Blog Klarträumen-lernen empfehlen ein Notizbuch, das cool aussieht und mit einem surrealistischen Cover ausgestattet ist. Mein Traumtagebuch ist schlicht und hat eine schöne Holzoptik. Es liegt immer auf meinem Nachtschrank, so dass ich es in Nullkommanichts griffbereit habe, wenn ich mitten in der Nacht aus einem Traum erwache.

Je länger es sich dort befindet, desto häufiger passiert es. Manchmal habe ich klare Erinnerungen an drei, vier oder fünf Träume pro Nacht. Meinem Unterbewusstsein gebe ich jeden Abend die Anweisung, mich zu erinnern, wobei ich wachsende Erfolge beobachte. Ich akzeptiere aber auch, dass sich in manchen Nächten die Traumbilder sekundenschnell wieder in Luft auflösen. Das Notizbuch neben dem Bett bietet gegenüber dem Computer einen weiteren Vorteil: Ich kann ratzfatz mit dem Aufschreiben starten, ehe sich die Trauminhalte verflüchtigen.

Besonders starke Erinnerungen bleiben kurz vor dem Aufstehen, wenn man durch die traumintensiven REM-Phasen gleitet. Als ich mein Traumtagebuch noch am Computer führte, stammten alle aufgezeichneten Träume aus den frühen Morgenstunden. Mithilfe des Notizbuches dokumentiere ich jetzt auch Erlebnisse aus früheren Schlafphasen.

Traum als Schlüssel, Foto: Pixabay

Wiederkehrende Traum-Muster erkennen

In meinem Traum-Archiv habe ich wiederkehrende Muster dingfest gemacht: zum Beispiel Traumsymbole wie bestimmte Tiere oder Handlungen, die in abgewandelter Form in unterschiedlichen Träumen auftauchen. Als Teenager bin ich immer wieder nackt oder im Nachthemd durch eine Menge angezogener Menschen spaziert. Bis vor nicht allzu langer Zeit musste ich in der Schule ständig aufs Neue fürs Abi büffeln – bis mir im Traum klar geworden ist, dass ich das längst in der Tasche habe.

Ein Traum verdeutlichte mir, was für heftige Sorgen ich mir um meine Mutter mache, weil sie unbegründet Angst um mich hat. Bei meiner Konfrontation am nächsten Tag wurde sie am Telefon sehr nachdenklich und widersprach mir nicht. Um das Ausmaß des Problems zu begreifen und Schlüsse daraus zu ziehen, hat sich mein Traum also als hilfreich erwiesen.

Unter den Aufzeichnungen in meinem Traumtagebuch notiere ich trotzdem keine Analysen. Das Bild fügt sich nach wiederholtem Lesen der Traumsequenzen. Die denkwürdigsten halte ich nun in kafkaesken Kurzgeschichten fest, so dass ich auch für neue Inspiration weiter Traumtagebuch führen werde. Eine Geschichte heißt Die Schokoladenfabrik. Meine persönliche Interpretation hat sich mir unmittelbar nach dem Schreiben offenbart … (as)

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