Entrümpeln: Wohnung ausmisten als Befreiung

Entrümpeln ist gerade ein wichtiges Thema bei mir. Schon viel zu lange hause ich in meiner Berliner Hinterhausbude. Sie hat all meine Beziehungen beobachtet, mehr noch deren Scheitern und die erfolglosen Versuche, mich auf neue Partnerschaften einzulassen. Seit ich hier wohne, spüre ich eine miese Grundenergie, die ich anfangs schwer einordnen konnte.

Vor ein paar Monaten habe ich die bittere Wahrheit erfahren: Dieses Haus ist ein Bombenopfer des Zweiten Weltkriegs. Es existiert nur noch zur Hälfte und wurde nach der Zerstörung provisorisch wiederhergerichtet. Man sieht es, wenn man die Augen richtig öffnet.

Entrümpeln, was Du nicht mehr brauchst

Meine waren lange Zeit verschlossen und blind gegenüber dem Krempel, der sich um mich herum angehäuft hat. Mein Entschluss steht, dass ich meine Behausung verlasse. Damit ich das Ziel erreiche, ist zunächst Entrümpeln angesagt. Das ursprüngliche Bild: Meine Bücher-, CD- und DVD-Regale quellen über. Meine Schubladen sind bis zum Rand gefüllt und in meinem Kleiderschrank stecken Klamotten, die ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr getragen habe. Ich fühle mich erschlagen von dem Zeug!

Ankaufsportale im Internet nutzen

Meinen inneren Schweinehund überwinde ich am leichtesten, indem ich zuerst Bücher, CDs und DVDs aussortiere und in Paketen an Ankaufsportale für gebrauchte Sachen sende. Diese Firmen bieten zwar für viele Artikel nur Cent-Beträge, aber das Entrümpeln hat bei dieser Aktion einen höheren Stellenwert als das Geld.

Romane werde ich kein zweites Mal lesen, die Musik auf den CDs überspiele ich vor dem Versand auf den Computer und seit ich Filme im Internet streame, kann ich auf DVDs verzichten. Im November 2019 trage ich so manches schwere Paket aus der Wohnung – Lasten, die ich sonst in Umzugskartons gepackt hätte. Völlig unnötig wie damals bei meinem Umzug von Göttingen nach Berlin!

Bücher ausmisten
Alte Bücher ausmisten, Foto: IvanPais / Pixabay

Bücher verschenken an Bibliotheken

Beim Ausmisten finde ich Bücher aus meinem Studium und sogar Theaterstücke aus der Schulzeit wieder. Warum habe ich all das so lange aufbewahrt? In einem Bücherregal fällt mir ein Foto von mir und meinem Ex-Verlobten P. in die Hände, obwohl ich vor mehr als zehn Jahren alle gemeinsamen Bilder vernichtet habe. Diesmal mit einem entspannten Grinsen, lasse ich auch dieses Motiv in den Papierkorb wandern.

Einen Großteil meiner Literatur-, Musik- und Filmschätze wollen mir nicht einmal die Web-Unternehmen abkaufen, also landen sie im Müll. Was mir vor allem für die Bücher leid tut! Bei meiner Nachbarin von oben trifft dieses Gefühl auf Resonanz. Als ich zum zweiten Mal an einem Sonntagnachmittag zur Altpapier-Tonne stiefele, ist sie gerade dabei, meine Bücher zu retten. Ein paar Tage später hilft sie mir, die Titel zu einer Bücherei in unserem Kiez zu bringen.

Entrümpeln Schritt für Schritt

Allerdings entpuppt sich das Entrümpeln meiner Gemächer als langwieriger als gedacht. Es ist unglaublich, was sich im Laufe der Jahre alles in einem Zwei-Zimmer-Apartment ansammelt! Auf dem Weg in meine persönliche Freiheit nutze ich folgende Strategie: Ausmisten Schritt für Schritt. Auch Rom ist nicht an einem Tag gebaut worden, lautet das Sprichwort. Also nehme ich mir an einem Tag die eine Schublade vor, am anderen Tag die nächste.

An manchen Sachen, von denen ich mich schon getrennt habe, hängt auch mein Herz. Das beste Beispiel sind meine Queen-CDs, die mich durch meine komplizierte Teenager-Zeit retteten. Glücklicherweise sind mir die Songs durch Daten-Import auf den Rechner erhalten geblieben. Die Datenträger staubten eh nur in der Ecke voll. Nun habe ich die Platten auf die Reise geschickt, damit sie anderen Menschen Glück spenden können. Mit diesem Gedanken lasse ich sie leichter los.

Lasse los und beginne Neues

Denn nur wer loslässt, hat die Chance, etwas Neues zu starten. Um solche Einsichten zu gewinnen, beschert mir das Leben immer zur rechten Zeit einen Spiegel. Mein Lehrer im Jahr 2019 ist mein finnischer Ex-Freund. Knapp sechs Jahre nach der Trennung haben wir wieder Kontakt und besuchen uns ab und zu gegenseitig. Zurzeit wohnt er in der ehemaligen Wohnung seiner Eltern – sein Vater ist tot, seine Mutter in einem Heim untergebracht.

Ich fühle mich in der Bude ein bisschen unwohl, weil er noch dramatischer unnütze Dinge hortet, als ich es je getan habe. Beim ersten Besuch kritisiere ich ihn für den Schrott, beim zweiten hat sich nichts geändert. Verändern lässt sich lediglich die Situation in meinen eigenen vier Wänden, an der auch er schon oft was zu meckern hatte. Ich packe es an und sage mir: „Danke, liebes Universum, dass du mir diesen Menschen als Spiegel geschickt hast!“ (as)

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