Übergriffige Mutter: So grenzt du dich ab

Hast du eine übergriffige Mutter? Wenn du dir nicht sicher bist, erkläre ich dir, was ich unter Übergriffigkeit verstehe. Deine Frau Mama mischt sich in sämtliche Belange deines Lebens ein, gibt zu allem ihren Senf ab und versucht krampfhaft, dich von Entscheidungen, die ihr missfallen, abzuhalten. Sie ist eine Meisterin darin, dir Schuldgefühle einzureden, weil sie immer wieder betont, was für große Sorgen sie sich um dich macht. Auf diese Weise saugt sie deine Energie. Und womöglich schafft sie es sogar, dich an bestimmten Schritten zu hindern.

In diesem Kontext spreche ich nicht von überfürsorglichen Müttern minderjähriger Kinder, denen im aktuellen Sprachgebrauch der Stempel Helikopter-Mutter aufgedrückt wird. Erfahrungen mit übergriffigen Müttern können auch Erwachsene im Alter von 30, 40 oder 50 Jahren sammeln und dabei in kräftezehrende Konfliktsituationen geraten. Trifft das auf dich zu, liegt es in deiner Verantwortung, Mutti klare Grenzen zu setzen. Ansonsten beschneidet sie munter weiter deine Freiheiten und blockiert dich, deinen eigenen Weg voller Selbstvertrauen zu gehen.

Eine übergriffige Mutter im Fallbeispiel

Sabine ist so eine übergriffige Mutter, die sich für ihre erwachsene Tochter nur das Allerbeste wünscht: ein Haus, einen Ehemann, ein Kind und einen 9-to-5-Job in ihrer Nähe. Die Rechnung hat Sabine ohne ihre Tochter – nennen wir sie Susi – gemacht. Susi fühlt sich weder in der Gegend rund um ihren Geburtsort verwurzelt noch hält sie es für erstrebenswert, ein 40-Stunden-Angestelltenverhältnis mit der Rolle einer Ehefrau und Mutter in Einklang zu bringen. Susi hat den Dunstkreis ihrer Familie längst verlassen und träumt davon, als digitale Nomadin ins Ausland zu ziehen.

Jahre vergehen, ehe sie ihrem Ruf folgt, denn zu groß ist Susis Angst, dass Sabine gesundheitsschädliche Ängste entwickelt. Immerhin lässt ihre Mutter sie ständig wissen, wie schlimm sie sich um sie sorge. Als Susi erkennt, dass ihre Befangenheit den Ausbruch physischer Krankheiten in Sabine nicht verhindern konnte, zieht sie endlich Konsequenzen und realisiert ihre Pläne.

Sabine gerät in Aufruhr. Nachts schreibt sie Susi Nachrichten, um ihr mitzuteilen, dass sie ihretwegen schlaflos sei. Tagsüber folgt weiterer Psychoterror per Telefon. Susi zieht daraus einen Schluss: dass ihre übergriffige Mutter sie weder als lebensfähig noch als mündige Erwachsene betrachtet. Dass sie auch nie die Chance hatte, tief im Innern erwachsen zu werden. Sie beschließt, sich von Sabine abzugrenzen.

Befreiung, Foto: Jan Alexander / Pixabay

Strategien zur Abgrenzung von der Mutter

Um ihrer Mutter tatsächlich eine Grenze zu setzen, schmiedet sie eine Strategie, die aus drei Schritten besteht:

1. Verständnis für die übergriffige Mutter

Susi braucht nicht lange zu überlegen, um zu verstehen, warum Sabine ein Musterbeispiel an Übergriffigkeit geworden ist. Sie hatte dominante Eltern, die sie Zeit ihres Lebens bevormundeten. Ihre Erziehung war von ständiger Panikmache und Bestrafungen geprägt. Die Bewerbung für ihren ersten Job, den Sabine jahrzehntelang nicht gerade glücklich ausübte, hatte Susis Großvater geschrieben. Er bestimmte auch über die allererste Einrichtung ihres Hauses und führte auf der Baustelle ein scharfes Regiment.

Sabine hatte ihr übergriffiges Verhalten also von der Pike auf gelernt. Da sie es von ihren Eltern nur so kennt, stülpt sie ihr psychologisches Erbe nun ihrer Tochter über. Wegen mangelnder Selbstreflexion ist sie der festen Überzeugung, dass es richtig sei, Susis Flügel zu stutzen. Das Kind durchschaut die Mechanismen der Mutter nach jahrelanger Arbeit an sich selbst und erkennt, dass Sabine Susi als Projektionsfläche für ihre eigenen Ängste benutzt.

2. Die Mutter reden lassen und mit Distanz zuhören

Auf der Grundlage dieser Erkenntnis ist sie in der Lage, aus einer Erwachsenenperspektive auf ihre übergriffige Mutter zu blicken. Sie lässt Sabine reden, ohne aufgebracht in die Defensive abzugleiten. Indem Susi sie als „Produkt“ ihrer Großeltern sieht, nimmt sie immer mehr eine objektive Distanz zu Sabines Sorgentiraden ein. Sie äußert Sätze wie:

„Mama, du darfst immer frei deine Meinung sagen. Ob ich deine Meinungen teile, ist eine andere Sache.“
„Ich verstehe, dass du dir als Mutter Sorgen machst. Aber ich bin jetzt erwachsen und kann für mich selbst sorgen.“
„Wenn ich im Leben scheitere, ist das meine Baustelle. Bis jetzt bin ich immer wieder aufgestanden.“

3. Volle Eigenverantwortung übernehmen

Susi bemüht sich um Sachlichkeit, anstatt sich wie früher auf wilde Wortgefechte mit Sabine einzulassen. Für ihre Entscheidung, ihr Leben nach ihren Vorstellungen zu gestalten, übernimmt sie die volle Verantwortung mit dem Risiko, jederzeit auf ihrer Reise scheitern zu können. Sie sagt sich: „Sollte ich an irgendeinem Punkt Schiffbruch erleiden, werde ich die Suppe auslöffeln. Genauso wie Mama für ihre Ängste selbst verantwortlich ist.“

Fazit: Die übergriffige Mutter verliert ihre Macht über die Tochter und Susi ist imstande, in Frieden ihrer Wege zu gehen. (as)

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